TIKAL – Über Geld spricht man wohl!

„Was hast du gezahlt?“ ist neben „War das Wasser warm?“ wohl die meistgestellte Frage in den Hostels dieser Welt. Auch für mich stellte sich in Guatemala die Frage: Geizen oder gönnen?

Wir Backpacker sind die Dagobert Ducks unter den Reisenden. Extrem sparsam und genauso reich. Wenn auch nur an Erfahrung. Wer viel reist, muss sich sein Geld eben gut einteilen. Und so habe ich eine Spar-Diät aus Toast und Tortilla Chips hinter mir, als ich zum Highlight meines Guatemala-Trips aufbreche: Tikal, die Maya-Ruinen im Dschungel, verteilt über eine Fläche fast doppelt so groß wie München.
Anders als die Party-Schweizer in meinem Shuttle werde ich nicht zur Happy-Hour wieder ins Hostel zurückkehren. Ich leiste mir ein Hotel nahe den Ruinen, denn dort soll es die besten Tourguides geben. „Quatsch!“ meint Nelson, der Guide der Schweizer. „Bei mir zahlst du für die gleiche Tour nur ein Viertel!“ Zwei Fahrtstunden lang ringe ich mit mir. Dann hat mein innerer Dagobert gesiegt.
„Was ist das?“, staune ich, als über den Bäumen der erste Tempel emporragt. „Ein Tempel“, antwortet Nelson immerhin dreisilbig und stochert lustlos in einem Erdloch herum. Dessen Bewohnerin – eine Riesentarantel – winkt nur einmal mit ihrem Kleinkindfinger-dicken Bein heraus. Schade eigentlich. „Vermutlich hätte die mehr über Tikal zu erzählen gehabt als Nelson“, denke ich, während eine Art Truthahn-Pfau an mir vorbeispaziert. „A bird“, kommt Nelson meiner Frage zuvor.

Drei wortkarge Stunden später erklimmen wir zum Sonnenuntergang das Dach eines weiteren Tempels. „Wie bei Jurassic Park!“ grölen die Schweizer über den Urwald und bejubeln ihre Idee, hier oben eine Roof Top-Bar zu eröffnen. Da plötzlich: Ein Schrei. „RUHE!“ Sogar die Vögel halten kurz die Luft an, als ein Guatemalteke mit erhobener Monobraue auf uns zuschreitet. „Ihr wollt doch nicht den Maya-König wecken, der womöglich hier unter uns begraben liegt?“, tönt er und hält uns seine Visitenkarte unter die Nase. „Cesar Augusto“ lautet sein Name und unter diesem steht überraschenderweise nicht „Herrscher Tikals“, sondern der Name meines Hotels. „Am liebsten würde ich noch eine Tour mit dir buchen“, seufze ich, während die Sonne ohne einen Schweizer Mucks über den Ruinen versinkt. „Aber mein Ticket läuft morgen früh um 8 ab.“ „Wo ist das Problem?“ erwidert Cesar. „Dann fangen wir eben etwas früher an.“
Nur die Sterne leuchten uns den Weg, als mich Cesar um drei Uhr Nachts zurück in den Jurassic Park führt. Gebannt lausche ich seinen Geschichten über herausgerissene Menschenherzen und andere Maya-Mythen und vor Gruseln vergesse ich fast meine Angst, über eine Tarantel zu stolpern.
Kurz vor Tagesanbruch sitzen wir erneut auf einem Tempel. Untermalt von den Schreien der Dinosaurier, die laut Cesar keine Dinosaurier, sondern Brüllaffen sind, wird der schwarze Himmel lila. Und schließlich tritt die Sonne wieder hinter den Ruinen hervor. „Was für ein Sonnenaufgang!“ hauche ich mit Tränen in den Augen. „Danke“, nickt Cesar, als wäre es sein Sonnenaufgang.


Mit dem neuen Tag bin ich um eine Einsicht reicher: Manchmal sollte man sich das Sparen sparen.
Oder, wie mein innerer Dagobert sagen würde: Ente gut, alles gut

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